Die Käserei in der Vehfreude

Die Käserei in der VehfreudeDie beiden Jeremias Gotthelf -Verfilmungen, „Uli der Knecht“ und „Uli der Pächter“ zählen zu den erfolgreichsten Schweizer Filmen der 50ern.
Nachdem sein politisches Werk „Der 10. Mai“ vom Publikum nicht annähernd so gut aufgenommen wurde, besann sich Regisseur Franz Schnyder auf diese Erfolge, und drehte auf ein weiteres im Emmental…

Uraufführung: 22.12.1958
Regie: Franz Schnyder
Darsteller: Heiri Gretler, Max Haufler, Annemarie Düringer, Franz Matter, Margrit Rainer, u.a…

Story:
Das kleine Dorf Vehfreude im Emmental, möchte moderner werden. So beschliesst man an der Gemeindeversammlung: eine gemeinschaftlich betriebene Käserei muss her!

Der Gemeindeammann (Heiri Gretler) leitet das Vorhaben.
Ihm zur Seite steht als Sekretär der gescäftstüchtige Egli Hannes (Max Haufler).

So ein Käse...

So ein Käse…

Doch nicht alle Dorfbewohner begrüssen die Käserei gleichermassen.

Der zögerliche Kleinbauer Peterli (Ruedi Walter) und insbesonders seine resolute Frau Eisi (Margrit Rainer), die auf dem heruntergewirtschafteten Dürrluft-Bauernhof hausen, sind gegen dieses „neumodige“ Unterfangen.

Elsi sieht ohnehin in allem das Schlechte und den Leibhaftigen persönlich, insbesonders Sepp (Erwin Kohlund) und seine Frau Bethi (Margrit Winter) vom Nägeliboden, sind ihr ein Dorn im Auge und sie tut alles, um den beiden zu Leide zu werken.

Alls eines Tages Bethis Schwester Änneli (Annemarie Düringer) ins Dorf zieht, ist die Aufregung gross.

Felix (Franz Matter), Sohn des Ammanns, hat sich gar in das schöne Mädchen verguckt.

"Chumm gib mer es Müntschi" Änneli (Annemarie Düringer) und Felix (Franz Matter)

„Chumm gib mer es Müntschi“ Änneli (Annemarie Düringer) und Felix (Franz Matter)

Inzwischen konnten die ersten Käselaibe hergestellt werden, und die Männer wittern bereits das grosse Geschäft.

Als eines Tages ein reicher „Käsefürst“ aus Langnau (Willy Fueter) auftaucht, und den Vehfreudern ein verlokendes Angebot macht, können diese kaum wiederstehen.

Doch der Käsehändler steckt mit dem Egli Hannes unter einer Decke, und dieser verfolgt seine eigenen, schelmischen Pläne.

Es lockt das grosse Geld

Es lockt das grosse Geld

Trivia:
Nach dem gewaltigen Erfolg der beiden Uli-Filme, setzte Regisseur Franz Schnyder aufs Ganze und gründete in Burgdorf die Neue Film AG.

Im benachbarten Kilchberg wurden zwei grosse Lagerhallen, die Chiccorée-Hallen, gemietet und zu den zu diesem Zeitpunkt grössten Filmstudios der Schweiz umfunktioniert.

Regisseur Franz Schnyder

Regisseur Franz Schnyder

Schnyder entschloss sich dazu, den Gotthelf-Roman „Die Käserei in der Vehfreude“ zu verfilmen.

Er griff auf ein Grossteil des Produktionsteams der Uli-Filme zurück; Richard Schweizer schrieb wiederum das Drehbuch, für die Bauten zeigte sich erneut der Bühnenbildner und Schauspieler Max Röthlisberger („Der Schwarze Hecht“) verantwortlich, während Robert Blum ein weiteres Mal die Filmmusik schrieb.

Die Kamera führte jedoch neu der russischstämmige Konstantin Irmen-Tschet („Münchhausen“), der für Schnyder bereits an „Der 10. Mai“ mitwirkte.

Bei den Darstellern griff Schnyder grösstenteils auf Akteure aus den beiden Uli-Filmen zurück.

Heiri Gretler spielte den Ammann, Hedda Koppé seine Frau.

Max Haufler war als Egli Hannes zu sehen, Anneliese Egger als dessen Frau Sophie und Erwin Kohlund als Sepp vom Nägeliboden.

Willy Fueter und Hans Gaugler traten als Käsehändler auf, und Emil Hegetschweiler gab den Pfarrer.

Neu hinzu gesellten sich Margrit Rainer („Oberstadtgass“) und Ruedi Walter („Hinter den sieben Gleisen“) als streitendes Ehepaar sowie Franz Matter („Der Sittlichkeitsverbrecher“) und Annemarie Düringer („Die Herbstzeitlosen“), als Liebespärchen.

Margrit Winter spielte an der Seite Erwin Kohllund dessen Frau Bethli.

Die beiden gewannen bereits 1941 in „Romea und Julia auf dem Dorfe“ als Liebespaar die Herzen der Zuschauer, und waren im auch im realen Leben ein Ehepaar.

Ihr Sohn Christian Kohlund trat ebenfalls im Film auf.

In kleineren Rollen waren Werner Röthlisberger („Demokrat Läppli“) als Käser und Max Werner Lenz („Bäckerei Zürrer“) als Lehrer zu sehen.

Um Zeit und Geld zu sparen, drehte man die Aussenaufnahmen in unmittelbarer Nähe der Filmstudios.

Da im Studio allerdings der Boden zuwenig isoliert wurde, musste der gesamte Film nachsynchronisiert werden.

Der Film stand seinen „Vorgängern“ in nichts nach, und wurde zu einem Publikumsrenner.

In Deutschland lief das Werk unter dem Titel „Wildwest im Emmental“.

Fazit:
Nach den, vom Liebespaar Hannes Schmidhauser und Lilo Pulver dominierten und mit tiefer Moral unterlegten, Uli-Verfilmungen, geht Franz Schnyder mit „Die Käserei in der Vehfreude“ neue Wege.

Der Film bewegt sich mehr in die Richtung eines Bauernschwanks, denn eines tiefmoralischen Werkes wie dies seine Vorgänger waren.

Im Gegensatz zu diesen, dominiert in Schnyders dritter Gotthelf-Verfilmung der Humor und handfeste Action.

Einen eigentlichen Hauptcharakter ist nicht auszumachen und die Story verlegt sich auf mehrere, parallell verlaufende, Handlungsstränge.

Dadurch kommen allerdings die einzelnen Schauspieler, die sehr solide Leistung erbringen, besser zur Geltung. Margrit Rainer und Ruedi Walter, zu diesem Zeitpunkt das wohl beliebteste Schauspielduo der Schweiz, brillieren als zankendes Ehepaar, ebenso wie Heiri Gretler als hemdsärmliger Ammann und Max Haufler als intriganter Egli Hannes.

Das die Darsteller aus den Uli-Filmen allesamt Rollen spielen, die sich von ihren vorherigen Charakteren unterscheiden, gefällt mir zudem sehr gut.

Franz Matter und Annemarie Düringer geben ein hübsches Liebespärchen ab, wenn sie auch nicht ganz an Hannes Schmidhauser und die unnachahmliche Lilo Pulver herankommen.

Erwin Kohlund und Margrit Winter spielen ganz gut, liefern aber sicher nicht ihre beste Leistung innerhalb der Gotthelf-Filme ab.

Von der Machart her kann der Film überzeugen.

Robert Blum schrieb einen starken Score, die Dekors von Max Röthlisberger sind wunderbar gestaltet und der Russe Konstantin Tschet liefert an der Kamera starke Bilder ab.

Hinzu kommen, für Schweizer Verhältnisse, im grossen Stil inszenierte Actionszenen, wie das an „Ben Hur“ angelegte Wagenrennen, oder die Massenschlägerei in Langnau.

Leider gelingt es der Story nicht ganz mit dem eingeschlagenen Tempo mitzuhalten. Im Vergleich zu den Vorgängern, kann sie schlicht zu wenig Tiefe entwickeln. Hierzu trägt sicherlich auch die, oben bereits erwähnte, Verteilung der Handlung auf mehrere Protagonisten und Ebenen, bei.

Übers Ganze gesehen, vermag der Film zu unterhalten, bietet tolle Darsteller, solide Machart und ausgefeilte Action, es geht im jedoch die Handlungstiefe der ersten beiden Gotthelf-Filme ab.

3.5 von 5 Scheiben Emmentaler Käse

3.5

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